Abriss in Wellingdorf: Kieler Mieterverein warnt vor dem Verlust preiswerter Wohnungen

Kiel, den 20.05.2005

Abriss in Wellingdorf:
Kieler Mieterverein warnt vor dem Verlust preiswerter Wohnungen

Arbeitslosigkeit auf hohen Niveau, Hartz IV und die Sorge vieler Mieter wegen zu hoher Wohnkosten umziehen zu müssen, Kieler Werkswohnungen GmbH zerschlagen, Kieler Wohnungsbaugesellschaft in der Hand eines US-Investmentfonds, BIG-Heimbau von Annington geschluckt und LEG an die HSH Nordbank verkauft: Während auf der einen Seite die Zahl derjenigen, die auf preiswerten Wohnraum angewiesen sind beständig steigt,

werden auf der anderen Seite gerade die Wohnungsunternehmen, die eine preiswerte Wohnraumversorgung noch am ehesten garantieren können auf Rendite getrimmt.

Das Segment des preiswerten Wohnungsbaus kommt immer mehr unter Druck. Dazu trägt auch der Abriss von Wohnraum bei. Natürlich spricht sich der Kieler Mieterverein nicht von vornherein gegen die Beseitigung städtebaulicher Sünden der Vergangenheit aus. Er warnt aber mit Nachdruck vor den Folgen dieser Entwicklung: Gerade mal 236 Baugenehmigungen sind in den letzten 12 Monaten in der Landeshauptstadt Kiel erteilt worden. Etliche davon werden in den Schiebladen liegen bleiben. Mit der Sprengung am Sonntag, wird also eine halbe Jahresproduktion von Wohnungen in die Luft gejagt. Und irgendwie steht die Schönberger Straße 44 auch für die Folgen des Verkaufes der Kieler Wohnungsbaugesellschaft. 6 Jahre nach der Veräußerung ist das erste Hochhaus so heruntergekommen, dass es nicht mehr zu retten ist.

In diesem Zusammenhang weist der Kieler Mieterverein auch auf eine weit verbreitete Fehleinschätzung hin: Hochhäuser sind nichts schlechtes an sich; viele Hochhauswohnungen in gepflegten Häusern sind durchaus gesucht. Dies sollte insbesondere die Landeshauptstadt Kiel mit ihren knappen Wohnungsbauflächen bedenken. Wenn allerdings Häuser – egal ob Hochhaus oder „normales Mehrfamilienhaus“ – belegt werden ohne auf die Sozialstruktur zu achten, dann ist es in der Tat nur eine Frage der Zeit, bis sich soziale Brennpunkte entwickeln. Der Kieler Mieterverein fordert die Stadt und die Wohnungswirtschaft daher auf, mit einem differenzierten Belegungsmanagement dafür zu sorgen, dass soziale Brennpunkte nicht neu entstehen und bestehende entschärft werden. Dies gilt insbesondere auch für den Stadtteil Mettenhof.

Der Kieler Wohnungsmarkt ist zurzeit noch leidlich ausgeglichen. Die Landeshauptstadt gibt sich aber redlich Mühe, keine weiteren Einwohner zu verlieren. Eine älter werdende Gesellschaft wird nach Einschätzung des Kieler Mietervereins die Städte wiederentdecken. Einkommensschwache Haushalte zieht es ohnehin in die Städte zurück, von daher rechnet der Kieler Mieterverein in Zukunft mit einer anziehenden Wohnraumnachfrage. Der leichte Wohnungsüberhang ist dann schnell aufgezerrt.

Abriss darf also nicht zur Selbstverständlichkeit werden. Und in gleichem Umfang müssen gleichermaßen preiswerte Wohnungen neu entstehen etwa so wie die Stadt Westerland dies für ihre Wohnsiedlung Süd plant: dort sollen rund 160 Wohnungen abgerissen und sukzessive durch öffentlich geförderte Neubauwohnungen ersetzt werden sollen. Das – so der Kieler Mieterverein, der auch in diesem Bereich aktiv ist – können wir tragen.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel