Amtsgericht Kiel bestätigt Kieler Mietspiegel 1996
Kiel, den 03.06.97
Amtsgericht Kiel bestätigt Kieler Mietspiegel 1996
Mit Urteil vom 22.04.1997 hat das Amtsgericht Kiel den Kieler Mietspiegel 1996 (!) bestätigt. Die Klage eines größeren privaten Wohnungsunternehmens auf Mieterhöhung wurde allein auf Basis des Kieler Mietspiegels abgewiesen. Im einzelnen:
Hintergrund war eine einfach ausgestattete Wohnung in Kronshagen (!), für die das Wohnungsunternehmen die Zustimmung zu einer Mieterhöhung gefordert hatte, die nach Auffassung des Kieler Mietervereins weit über das ortsübliche Vergleichsmietengefüge hinausgegangen wäre. In der prozessualen Auseinandersetzung hat das Gericht die Wohnung sodann Punkt für Punkt an den Vorgaben des Kieler Mietspiegels gemessen, die Tatsache einer Minderausstattung anhand der Mietspiegel-Werte korrigiert und schließlich ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es als nicht erforderlich angesehen werde, ein Sachverständigengutachten einzuholen, „da der Kieler Mietspiegel 1996 auf einer den anerkannten Regeln der Statistik entsprechenden Repräsentativerhebung mit einer hinreichend aussagekräftigen Feldbesetzung beruht“. Da schließlich die Ausstattung und die Lage der betroffenen Wohnung im wesentlichen unstreitig waren, hat das Gericht es auch nicht als nötig angesehen, einen Ortstermin abzuhalten, so daß im Ergebnis allein auf Basis des Mietspiegels geurteilt wurde.
Der Kieler Mieterverein begrüßt dieses Urteils ausdrücklich; nicht einmal 6 Monate nach Vorlage des Mietspiegels 1996 liegt damit die erste rechtskräftige Entscheidung vor und hat das Amtsgericht Kiel ein eindeutiges und klares Signal abgegeben. „Im Interesse der Rechtssicherheit wünschen wir uns sehr, daß ab jetzt alle Abteilungen des Amtsgerichtes den Kieler Mietspiegel direkt anwenden“. So Mietervereins-Vorsitzender Jochen Kiersch. Sachverständigengutachten würden in seltenen Fällen allenfalls dann noch benötigt, wenn die Eingruppierung in ein Rasterfeld des Kieler Mietspiegels streitig sei. Der Mietervereins-Vorsitzende geht im übrigen davon aus, daß mit den Mietspiegeln 1994 und 1996 auch die bislang vom Landgericht Kiel praktizierte Ausrichtung am Preisspiegel des Ringes Deutscher Makler ihr Ende findet; kein Sachverständiger und keine andere Mietdatensammlung kann eine vergleichbare neutrale und fundierte Datenbasis vorweisen, wie der Kieler Mietspiegel.
Scharf kritisierte Kiersch in diesem Zusammenhang die Kieler Haus- und Grundeigentümerorganisation; eine Vielzahl der Mietspiegel im Bundesgebiet ist von Mieter- und Vermieterverbänden anerkannt, teilweise sogar gemeinsam aufgestellt worden. „Die Kieler Haus- und Grundeigentümerorganisation predigt den Konsens zwischen Mietern und Vermietern. Beim Mietspiegel, wo sie ihn beweisen kann, ist die Konsensbereitschaft der Kieler Haus- und Grundeigentümerorganisation jedoch gleich Null.“
Dabei nützt ein sorgfältig erstellter Mietspiegel allen Beteiligten; Mieter und Vermieter können mit einfachen Mitteln feststellen, was eine bestimmte Wohnung wert ist. Vermieter laufen nicht Gefahr, als Mietwucherer belangt zu werden, können aber mit Hilfe des Mietspiegels auch sicherstellen, daß sie ihre Wohnungen nicht unter Wert vermieten. Mieter hingegen können unberechtigte Mieterhöhungsforderungen leicht abwehren, wissen aber auch, welche Mieterhöhungsforderungen gerechtfertigt sind.
Vom Kieler Mietspiegel profitiert aber auch die Landeshauptstadt Kiel, die via Sozialhilfe auch Mietzahlungen übernimmt und so sicherstellen kann, daß Zahlungen nur in angemessener Höhe erfolgen. Ganz besonders profitieren aber auch die Gerichte von dem Mietspiegel; mit zunehmender Akzeptanz des Kieler Mietspiegels gehen die Miethöhenprozesse deutlich zurück schon allein deswegen, weil alle Beteiligten schon im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung ihre Risiken einschätzen können. Resümee des Mietervereins:
Mit diesem Instrument hat die Stadt viel zur Wahrung des Rechtsfriedens beigetragen. Wer den Mietspiegel ablehnt steht abseits.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel