Das aktuelle Urteil Wahrheitspflicht bei Betriebskostenvorauszahlungen
Kiel, den 14.02.2005
Das aktuelle Urteil
Wahrheitspflicht bei Betriebskostenvorauszahlungen
Setzt ein Vermieter wider besseren Wissens Betriebskostenvorauszahlungen beim Vertragsabschluss zu niedrig an, so ist der Mieter nicht verpflichtet, den späteren Nachzahlungsbetrag auszugleichen.
Mit dieser Entscheidung hat das Amtsgericht Kiel (114 C 127/04 vom 07.12.2004) einen Vermieter in die Schranken gewiesen, dessen Hausverwaltung beim Vertragsabschluss die Betriebskostenabrechnung erwiesenermaßen wider besseren Wissens viel zu niedrig angesetzt hatte. Diese waren vertraglich mit 35,00 EURO monatlich vereinbart, obwohl schon die Betriebskostenabrechnung des vorangegangenen Jahres eine Monatszahlung von 76,00 EURO erforderlich gemacht hätte.
Trotzdem wurde dem Mieter auf Nachfrage versichert, die im Vertrag ausgewiesene Vorauszahlung sei „bekanntermaßen“ ausreichend. Bei der späteren Betriebskostenabrechnung sollte der Mieter 381,00 EURO nachzahlen, ein Betrag, den der Vermieter kurzerhand von der Kaution des inzwischen beendeten Mietverhältnisses abgezogen hat. Das Amtsgericht Kiel hat dem klagenden Mieter Recht gegeben; der Vermieter sei aus dem Arglisteinwand heraus gehindert, diese Forderung von der Kaution abzuziehen; danach handele arglistig, wer eine Forderung geltend macht, von der er aus anderen Rechtsgründen heraus den Schuldner gerade freihalten muss. In einem Schuldverhältnis mit wechselseitigen Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen entstünden auch schon mit der Aufnahme von Vertragsverhältnissen Aufklärungspflichten über erkennbar wesentliche Umstände.
Der Kieler Mieterverein begrüßt dieses Urteil ausdrücklich; immer wieder werden ihm Fälle zur Beratung vorgelegt mit teilweise horrenden Nachforderungen, weil die Vorauszahlungen beim Vertragsabschluss viel zu niedrig bemessen waren. Der Kieler Mieterverein empfiehlt allen Wohnungssuchenden die Höhe der Betriebskostenvorauszahlungen genauso sorgfältig zu überprüfen wie die Miethöhe. Am Zweckmäßigsten wäre es, wenn der Vermieter die Angemessenheit der Betriebskostenvorauszahlung im Mietvertrag ausdrücklich bescheinigt. Denkbar ist aber auch, sich eine Heiz- und Betriebskostenabrechnung des Vorjahres vorlegen zu lassen, um die Angemessenheit der Vorauszahlung zu überprüfen.
Und schließlich hilft auch der Kieler Mietspiegel: Die in Kiel durchschnittlich anfallenden Betriebskosten sind dort nach Betriebskostenpositionen ausgewiesen. Für ein Haus mit Fahrstuhl sollte eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 1,60 EURO je Quadratmeter monatlich ausreichend sein und vor großen Überraschungen schützen. Ohne Fahrstuhl reichen 1,40 EURO pro Quadratmeter und Monat.
Schwieriger ist es bei den Heizkosten; deren Höhe hängt vom energetischen Zustand des Hauses, vom Energieträger, vom Nutzerverhalten und vom Zeitpunkt des Energiebezuges ab. Aber auch hier liefert die Gesamtabrechnung des Vorjahres Aufschluss – im Übrigen gibt es den Kieler Heizspiegel, der beim Mieterverein und bei der Stadt kostenlos bezogen werden kann. Als grobe Faustformel sollte für ein durchschnittliches Gebäude in einem 10-Familien-Haus 1,00 EURO pro Quadratmeter und Monat an Heizkosten kalkuliert werden. Bei deutlich größeren Anlagen sinken die Heizkosten erfahrungsgemäß, bei kleineren ziehen sie an.
Nähere Auskünfte zu allen hiermit zusammenhängenden Fragen erteilt der 20 Tausend Mitglieder starke Kieler Mieterverein für seine Mitglieder. Details zur Mitgliedschaft erfahren Sie im Internet unter www.kieler-mieterverein.de oder telefonisch unter der Rufnummer 0431/97919-0.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel