Hände weg von der KWG Verkauf wäre zum Nachteil der Mieter und zum Nachteil der Stadt

Kiel, den 07.05.1998

Hände weg von der KWG
Verkauf wäre zum Nachteil der Mieter und zum Nachteil der Stadt

Auf schärfste Ablehnung trifft der von der CDU-Ratsfraktion offenbar eingebrachte Antrag an die Ratsversammlung, die Kieler Wohnungsbaugesellschaft zu verkaufen. Der Kieler Mieterverein hält diese Absicht gleich aus mehrfachen Gründen für falsch. Im einzelnen:

Die Landeshauptstadt Kiel ist im Jahre 1998 mehr als früher darauf angewiesen, einen möglichst großen Bestand preiswerter Wohnungen zu erhalten; zum einen schmilzt der Sozialwohnungsbestand durch das planmäßige Auslaufen der öffentlichen Baudarlehen dahin wie Butter an der Sonne; innerhalb der nächsten 5 bis 10 Jahre werden ca. 50 Prozent der Wohnungen aus den Bindungen fallen. Auf der anderen Seite nimmt die Zahl der finanzschwachen Haushalte aufgrund der immer noch steigenden Arbeitslosigkeit permanent zu. Ein Indikator hierfür ist der Sozialhilfeetat.

 

Die wohlfeile Idee, die KWG als Firma zu verkaufen und damit den sozialen Schutz der Mieter zu erhalten, ist im Ergebnis nichts weiter als eine Illusion; zum einen darf bezweifelt werden, daß sich überhaupt ein Erwerber findet, der die KWG als Firma übernimmt, zum anderen darf unterstellt werden, daß ein potentieller Erwerber seine wirtschaftlichen Interessen verfolgt, nicht aber die Interessen der Landeshauptstadt Kiel. Diese muß aber aus verschiedenen Gründen in erster Linie daran interessiert sein, ein Steuerungsinstrument in der Hand zu behalten, mit dem sie den Mietwohnungsmarkt in Kiel dämpfend beeinflussen kann.

Bei alledem darf nicht übersehen werden, daß ein großer Teil der KWG-Mieter seine Miete direkt vom Sozialamt bezahlt bekommt. Mit steigenden Mieten der KWG-Wohnungen würde die Stadt daher im Ergebnis kräftig draufzahlen.

Auch die hehre Absicht, Mietern ein Vorkaufsrecht einzuräumen und Weiterveräußerungen zu unterbinden, wird im Ergebnis gravierende Probleme nicht unterbinden können. Anläßlich des Neue-Heimat-Desasters haben die damals Verantwortlichen lauthals getönt, es werde eine „sozialverantwortliche“ Zerlegung des Konzerns geben mit weitestgehenden Mieterschutzrechten. Was daraus geworden ist, kann an ungezählten Standorten in Schleswig-Holstein als abschreckendes Beispiel beleuchtet werden. Luxusmodernisierung, Umwandlung, Mieterhöhung und Mieterverdrängung auf der einen Seite waren ebenso anzutreffen, wie Verlotterung und Zwangsversteigerung auf der anderen Seite. Die Häuser im Osloring sind ein trauriges Beispiel dafür.

Auch die jüngsten größeren Verkaufsaktionen in Kiel haben bewiesen, daß die Beteuerungen der jeweiligen Veräußerer, sie würden nur an seriöse Anleger verkaufen, das Papier nicht wert sind, auf dem diese Beteuerungen abgegeben wurden. Es sei daran erinnert, daß beispielsweise die Falk KG mitgeteilt hat, daß sie nicht den gesamten von der Preussag Immobilien erworbenen Bestand behalten will.

Auch das den Mietern von der CDU offenbar anzudienende Vorkaufsrecht müssen diese als blanken Hohn empfinden; dies würde nämlich voraussetzen, daß die Wohnungen in Wohneigentum umgewandelt werden, was die Zersplitterung des KWG-Wohnungsbestandes enorm fördern würde. Im übrigen darf füglichst bezweifelt werden, daß überhaupt eine nennenswerte Anzahl von KWG-Mietern wirtschaftlich in der Lage wäre, ihre eigene Wohnung zu kaufen.

Im übrigen bezweifelt der Mieterverein, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt ein seriöser Käufer für die KWG zu finden sein würde; die öffentliche Hand – und nicht nur diese – verschleudert zur Zeit allenthalben größere Wohnungsbestände – so auch der Bund in Gestalt seiner Eisenbahnerwohnungen. Die Landesregierung Schleswig-Holstein wiederum will die WOBAU Schleswig-Holstein zu Wohnungsverkäufen zwingen, so daß damit auch die Wirtschaftlichkeit einer derartigen Maßnahme erheblich in Frage gestellt wäre. Letztendlich käme ohnehin nur eine große Kapitalgesellschaft als Erwerber in Frage. Diese kennt in der Regel aber nur ein Ziel: Gewinnmaximierung.

Der Kieler Mieterverein fordert die Rathausparteien – ganz besonders aber die SPD und die Grünen mit Nachdruck auf, dem Ansinnen der CDU dauerhaft eine klare Absage zu erteilen. Er fordert Kiel´s Mieter – und nicht nur die der KWG – auf, massenhaft schriftlich dem Oberbürgermeister gegenüber gegen diese Absicht zu protestieren. Der Mieterverein bittet darum, ihm je eine Durchschrift dieser Protestbriefe zukommen zu lassen.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel