Kieler Mieterverein zum neuen Mietspiegel
Kiel, den 21.09.2004
Kieler Mieterverein zum neuen Mietspiegel
Der Kieler Mieterverein begrüßt die Vorlage des neuen Mietspiegels. Die Tatsache, dass es in Kiel seit 1992 einen Mietspiegel gibt schafft Markttransparenz und erleichtert es Mietern wie Vermietern sich am Wohnungsmarkt zu orientieren. Das jetzt vorgelegte Ergebnis belegt, dass die Kieler Bevölkerung die entspannte Marktsituation zu nutzen weiß und gezielt nach preiswertem Wohnraum Ausschau hält.
Dies deckt sich mit der anhaltend hohen Fluktuationsrate; in kaum einer Stadt wird so viel umgezogen, wie in Kiel. Damit sind vergleichsweise viele Neuabschlüsse in die Mietspiegelstichprobe eingeflossen, sodass das Ergebnis sehr standfest ist. Die vielen Neuabschlüsse haben dazu geführt, dass das Vergleichsmietengefüge insgesamt um 3,5 % abgesunken ist. Dies spiegelt zugleich die Tatsache wider, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Mieterhaushalte schon seit längerem an ihre Grenzen stößt. Dennoch haben sich im Einzelnen auch deutliche Steigerungen ergeben. Davon betroffen sind vorrangig Wohnungen der Baualtersklassen ab 1976 und größere Wohnungen. „Qualität hat ihren Preis“ galt auch schon für den Mietspiegel 2002. Dass die Bäume dennoch nicht in den Himmel wachsen zeigt die Baualtersklasse 1989 bis 2003, deren Mieten durchschnittlich um 0,9 % angestiegen sind, während die Baujahre 1976 bis 1988 um satte 7,5 % zugelegt haben.
Und was bedeutet dieses Ergebnis nun in der Praxis? Der eine oder andere Vermieter wird versuchen eine Mieterhöhung durchzusetzen, wenn seine Wohnung in ein Rasterfeld mit Steigerungsraten einzugruppieren ist. Das Mietspiegelergebnis belegt aber nach Auffassung des Kieler Mietervereins, dass es sich durchaus lohnt, mit seinem Vermieter über die Miethöhe zu verhandeln und nach einer anderen Wohnung Ausschau zu halten, wenn Einigkeit nicht herzustellen ist. Für diejenigen Mieterhaushalte, deren Wohnungen nach dem neuen Mietspiegel niedriger gehandelt werden ergibt sich leider kein gesetzlicher Mietensenkungsanspruch. Aber auch für diese Mieten gilt: verhandeln ist erlaubt und manch ein Vermieter wird geneigt sein einer Mietsenkung zuzustimmen, ehe er sich eine leerstehende Wohnung einhandelt.
Ausdrücklich begrüßt der Kieler Mieterverein die Tatsache, dass der Mietspiegel 2004 auch Betriebskostenwerte ausweist. Alle Akteure am Wohnungsmarkt haben damit die Möglichkeit, die Höhe gezahlter oder verlangter Betriebskosten gegen Kieler Durchschnittswerte abzugleichen. Die Betriebskostenwerte 2004 liegen um 5 % über denen des Jahres 2002 und sind damit stärker angestiegen als die Lebenshaltungskosten. Dennoch haben sich auch hier bei einzelnen Betriebskosten Senkungen ergeben, z. B. bei den Kosten des Aufzuges, der Versicherung und der Müllabfuhr. Der Kieler Mieterverein führt dies auf die strengeren Vorgaben des bürgerlichen Gesetzbuches nach der Mietrechtsreform 2001 zurück. Danach dürfen Vermieter Betriebskosten nur in wirtschaftlich vernünftigem Umfang veranlassen und umlegen. Im Übrigen scheint sich herumgesprochen zu haben, dass übertrieben hohe Betriebskosten die Nettorendite eines Vermieters schmälern. Der Kieler Mieterverein weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass rund 30 % seiner Beratungsfälle sich mit kalten und warmen Betriebskosten befassen.
Und noch eine Neuerung hält der Kieler Mietspiegel parat: erstmals seit Erstellung des Mietspiegels ist die Lageneinteilung völlig neu erarbeitet worden. Dabei wurde zwischen den Vermieterverbänden, der Stadt und dem Mieterverein Einvernehmen auch im Detail erzielt. Die neue Lageneinteilung ist nach Auffassung des Kieler Mietervereins sehr stimmig und spiegelt auch korrekt den unterschiedlichen Wohnwert in einfachen und gesuchten Wohnlagen wider.
Der Kieler Mieterverein nimmt das abgesunkene Mietgefüge mit großer Erleichterung zur Kenntnis. Die tiefgreifenden Veränderungen, die aus der Hartz-IV-Gesetzgebung herrühren, wird die Zahl einkommensschwacher Haushalte deutlich ansteigen lassen, verbunden mit steigender Nachfrage nach besonders preiswertem Wohnraum. Dieser könnte in Kiel knapp werden; die Vermieterseite schottet sich vermehrt gegen finanzschwache Haushalte ab, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen steht insbesondere bei der unternehmerischen Wohnungswirtschaft im Programm, Abriss und Modernisierung dünnen das preiswerte Marktsegment weiter aus. Im Neubau tut sich nicht viel – gleichzeitig bemüht sich die Stadt richtigerweise weitere Einwohnerverluste zu stoppen, sodass mit zusätzlich freiwerdenden Wohnungen durch Abwanderung ins Umland nicht mehr zurechnen ist. Und schließlich steht auch die ehemals kommunale Wohnungsbaugesellschaft nicht mehr als städtisches Instrument für die Versorgung finanzschwacher Haushalte und zur Beeinflussung des Wohnungsmarktes zur Verfügung.
Mit großem Nachdruck weist der Kieler Mieterverein auf die Tatsache hin, dass auch der Mietspiegel 2004 als „qualifizierter Mietspiegel“ ausgewiesen wird. Damit geht die gesetzliche Vermutung einher, dass die im Mietspiegel bezeichneten Miethöhen die ortsübliche Vergleichsmiete richtig wiedergegeben. Und selbst wenn ein Vermieter seine Mieterhöhung auf Vergleichswohnungen stützen will, so muss er dennoch die entsprechenden Mietspiegelwerte zusätzlich angeben, anderenfalls wäre seine Mieterhöhungserklärung unwirksam. Als besonders wichtig bezeichnet der Kieler Mieterverein in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass der Kieler Mietspiegel 2004 durch eine Stichprobe erhoben worden ist. Dies unterscheidet ihn wesentlich von dem neuen Mietspiegel in Lübeck, der auch ein qualifizierter Mietspiegel sein wird aber nach dem Lebenshaltungskostenindex fortgeschrieben wurde. Ergebnis: die Mieten in Lübeck steigen durchschnittlich um 2,3 % während sie in Kiel durchschnittlich um 3,5 % sinken. Die Mieten der beiden Städte haben sich in der Vergangenheit ziemlich parallel entwickelt; der jetzige krasse Unterschied belegt nach Auffassung des Kieler Mietervereins, dass die gesetzliche Neuregelung, wonach qualifizierte Mietspiegel auch nach dem Lebenshaltungskostenindex fortgeschrieben werden können, der blanke Unsinn ist. Wohnungsmärkte verhalten sich sehr differenziert; im prosperierenden Regionen steigen in der Regel auch die Mieten kräftig an; es liegt auf der Hand, dass ein einheitlicher Bundesindex diese differenzierte Vielfalt nicht widerspiegeln kann. Deswegen bedankt sich der Kieler Mieterverein im Namen der gesamten Mieterschaft auch bei der Landeshauptstadt Kiel für die Neuaufstellung des Mietspiegels. Sein Dank gilt auch den wohnungswirtschaftlichen Verbänden, die einvernehmlich an der Erstellung dieses Mietspiegels mitgewirkt haben. Für die Landeshauptstadt Kiel aber gilt: der Mietspiegel wird sich auch für die Stadt auszahlen; im Zeichen von Hartz IV ist auch sie auf ein niedriges Mietengefüge angewiesen. Am Beispiel Lübeck lässt sich schnell ausrechnen, welchen Vorteil die Stadt auch für den kommunalen Haushalt durch die Erstellung des Mietspiegels eingefahren hat.
Die Rastertabelle und die Betriebskostenaufstellung des neuen Mietspiegels werden ab dem 22.09.2004 im Internetangebot des Kieler Mietervereins verfügbar sein unter www.kieler-mieterverein.de. Auch die neue Lageneinteilung wird dort verfügbar sein, sobald sie als elektronisches Dokument vorliegt.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel