Kieler Mieterverein zum Verkauf der KWG: Schlimmer hätte es nicht kommen können!
Kiel, den 20.05.1999
Kieler Mieterverein zum Verkauf der KWG:
Schlimmer hätte es nicht kommen können!Der Verkauf der Kieler Wohnungsbaugesellschaft an die WCM AG wird – wenn er denn erwartungsgemäß stattfindet – ein schwarzer Tag für die Landeshauptstadt Kiel sein. Selbst wenn man unterstellt, daß es sich bei WCM um ein seriöses Unternehmen handelt, liegt auf der Hand, daß die Gesellschaft nicht angetreten ist, um Wohltaten für die Landeshauptstadt Kiel zu verteilen. Das Internet gibt Auskunft:
Unter der Überschrift „WCM-Aktien – Zukunft mit Vertrauen!“ teilt das Unternehmen mit: „Die traditionell niedrigen Mieten aus der Zeit der Gemeinnützigkeit werden durch die schrittweise Anhebung auf das marktübliche Niveau in den nächsten Jahren für weitere Verbesserungen der Ergebnisse aus diesem Bereich sorgen…“.
Besorgniserregend nimmt sich auch der Hinweis aus, daß „im Bereich der Immobilien neben der Entwicklung des Vermietgeschäftes besonders der Gewinn aus der Veräußerung des Wohnungsbestandes der Hildener Aktienbaugesellschaft AG zu nennen ist“. Natürlich ist es aus Sicht eines Wirtschaftsunternehmens nicht anstößig Geld zu verdienen; die Mitglieder der Kieler Ratsversammlung tun jedoch gut daran, sich die Präsentation von WCM im Internet einmal anzusehen, damit sie wissen, mit wem sie es zu tun haben.
Die beruhigenden Worte des Oberbürgermeisters zu den weitreichenden vertraglichen Schutzvorschriften vermögen den Kieler Mieterverein nicht zu überzeugen; „Schon aus Neue-Heimat-Zeiten wissen wir, daß diese Schutzvorschriften das Papier nicht wert sind, auf dem sie niedergelegt sind“ so der Geschäftsführer des Kieler Mietervereins Jochen Kiersch. Dabei waren die Schutzvorschriften zu Gunsten der Mieter seinerzeit sehr weitreichend. Jeder der will kann sich aber heute ein Bild davon machen, was aus alten Neue-Heimat-Beständen geworden ist. Von heruntergekommen bis luxusmodernisiert sind alle Schattierungen vorhanden. Die Leidtragenden waren allemale die Mieter, die entweder in ihren mangelhaften Wohnungen Konkurse ertragen mußten, oder durch professionelle Umwandler hinausspekuliert wurden.
Dabei steht nicht zu befürchten, daß sich die KWG-Veräußerung am Tage nach der Unterschrift schon zum Desaster auswirkt. Die langfristigen Folgen werden es sein, die dieser Stadt sehr viel mehr Schaden zufügen, als der kurzfristige Veräußerungsgewinn an Nutzen bringt. Annähernd 50 % der KWG-Mieterinnen und -Mieter sind auf Transferleistungen in Gestalt von Sozialhilfe und Wohngeld angewiesen. Die Landeshauptstadt Kiel braucht ein hohes preiswertes Segment an sozialverträglichen
Mieten. Dies ist gleich doppelt gefährdet; zum einen wird die Landeshauptstadt Kiel nach einer Prognose der Investitionsbank bis zum Jahre 2007 fast 10 Tausend Wohnungen aus den Sozialbindungen verlieren mit teilweise drastischen Mieterhöhungsspielräumen. Daneben wird sich die Veräußerung der KWG zusätzlich belastend auf das preiswerte Marktsegment auswirken. Schließlich sei bedacht:
Bislang hat die KWG rund 600 Tausend DM jährlich als Gewinn an die Stadt abgeführt und Bilanzgewinne um 2 Millionen DM ausgewiesen. Wenn WCM aus dem jetzigen Geschäft nur 4 % Rendite erwirtschaften will, dann sind dies bereits 10 Millionen DM jährlich, bei 6 % muß das Unternehmen 15 Millionen DM jährlich abwerfen. Diese Erträge können nur aus dem Unternehmen selber kommen. Wer sonst wenn nicht die Mieter soll diese Beträge aufbringen. Die vertraglich vorgesehene Beschränkung des Mieterhöhungsspielraums auf 3 % p.a. hält der Kieler Mieterverein für eine Farce; diese Regelung wird dazu führen, daß die preiswerten Mieten in dem Maße stärker unter Druck kommen, in dem der Mieterhöhungsspielraum im teureren Preissegment ausgeschöpft ist. Es werden die kleinen Leute sein, die die Zeche für dieses Geschäft bezahlen. Aus diesen Gründen lehnt der Kieler Mieterverein eine Veräußerung an WCM kategorisch ab und fordert er die Ratsversammlung auf, der Veräußerung nicht zuzustimmen.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel