KWG-Verkauf: Kieler Mieterverein kritisiert schlechtes Geschäft

Kiel, den 09.07.99

KWG-Verkauf: Kieler Mieterverein kritisiert schlechtes Geschäft

Es war zwar zu erwarten, daß die große Koalition der Ausverkäufer den Vertrag mit Firma WCM perfekt machen würde – dennoch zeigt sich der Kieler Mieterverein enttäuscht ob der Beharrlichkeit, mit der die Kieler Ratsversammlung Risiken, Nachteile und die langfristigen Folgen des Geschäftes ausgeblendet hat als da seien:

250 Millionen DM für die 11 Tausend KWG-Wohnungen entsprechen ca. DM 22.750,00 je Wohnung oder ca. DM 380,00 je Quadratmeter Wohnfläche, was der Kieler Mieterverein als einen echten Discountpreis bezeichnet. Dabei sind die Baulandreserven des Unternehmens hier noch nicht einmal eingerechnet. Nach Auffassung des Kieler Mietervereins wird das Unternehmen weit unter Wert verschleudert.

Die von Oberbürgermeister Gansel so gerühmten Schutzvorschriften erweisen sich nach Auffassung des Mietervereins bei näherem Hinsehen als Makulatur. Dies gilt ganz besonders für den viel gerühmten Verzicht auf Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen. In Kiel gilt kraft Gesetzes und Landesverordnung ohnehin eine viel längere Frist von 10 Jahren. Auch die angeblich begrenzten Mieterhöhungen – 3 % p.a. für 5 Jahre – sind reine Schaumschlägerei. Tatsächlich sieht die Vereinbarung vor, daß sich die 3 % auf das gesamte Mietenaufkommen des Unternehmens beziehen. Da im teureren Marktsegment weitere Mietanhebungen gar nicht möglich sind, eröffnet dies zusätzliche Spielräume bei den preiswerten Wohnungen, die gerade und besonders Erhöhungsbeschränkungen verdient hätten. Dabei wäre es ein leichtes gewesen, das KWG-Mietgefüge auf einen bestimmten Abstand unterhalb der Mietspiegel-Mittelwerte festzulegen. Die Vereinbarung schließlich, daß Luxusmodernisierungen nur für 5 Jahre mit Mieterzustimmung möglich sein sollten, ist ein Witz; schon seit jeher sind Luxusmodernisierungen immer und ausnahmslos nur mit Mieterzustimmung zulässig.

Besser wäre gewesen, die Ratsversammlung hätte sich mit der Internet-Präsentation von Firma WCM auseinandergesetzt. Dort heißt es nämlich wörtlich wie folgt: „WCM-Aktien – Zukunft mit Vertrauen!… Die traditionell niedrigen Mieten aus der Zeit der Wohnungsgemeinnützigkeit werden durch die schrittweise Anhebung auf das marktübliche Niveau in den nächsten Jahren für weitere Verbesserungen der Ergebnisse aus diesem Bereich sorgen…“

Und schließlich: Die wohlfeile Meinung der Marktapologeten „der Markt wird es schon richten“ übersieht beharrlich, daß die Landeshauptstadt Kiel nach einer Prognose der Investitionsbank bis zum Jahre 2007 fast 10 Tausend Wohnungen aus den Sozialbindungen verlieren wird mit drastischen Mieterhöhungsspielräumen. Die Baugenehmigungszahlen im Geschoßwohnungsbau sind nach Angaben des Statistischen Landesamtes gegenüber 1998 um 47 % (!) eingebrochen. Die Mietsteigerungsraten liegen immer noch weit über denen der Lebenshaltungskosten. Der Bundesgesetzgeber plant das pauschalierte Wohngeld völlig abzuschaffen mit der Folge drastischer zusätzlicher Belastungen der Kommunen im Sozialhilfeetat. Die überfällige Wohngelderhöhung (seit 1990 unverändert) ist erneut verschoben worden. Das Rentenniveau soll abgesenkt werden. Jede einzelne dieser Hiobsbotschaften hätte eigentlich Anlaß sein müssen, Vorlagen zum KWG-Verkauf schnellstens dem Altpapier zu überantworten.

Und wenn die Landeshauptstadt Kiel auch noch stolz darauf ist, als einzige Kommune bundesweit ihren gesamten kommunalen Wohnungsbau verscheuert zu haben, dann kann man daraus auch den Rückschluß ziehen, daß andere Kommunen und andere Oberbürgermeister etwas weiterdenken.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel