Neuer Mietspiegel für Kiel Mietspiegel-Werte spielen Marktentwicklung korrekt wider
Kiel, den 26.08.1998
Neuer Mietspiegel für Kiel
Mietspiegel-Werte spielen Marktentwicklung korrekt wider
Als 1992 der erste Mietspiegel in Kiel eingeführt wurde, ist dieses Instrument zunächst mit deutlicher Skepsis aufgenommen worden. Mit der Vorlage des Mietspiegels 1998 ist allerdings Normalität eingekehrt und auch die Kieler Gerichte greifen in immer stärkerem Maße auf den Mietspiegel zurück. Selbst die Gutachten von vereidigten Sachverständigen müssen in der gerichtlichen Auseinandersetzung die Wohnung und ihre Eingruppierung in den Mietspiegel mit beleuchten.
Der Mietspiegel 1998 bringt über alle Mieten hinweg eine Steigerung von 6,6 % in 2 Jahren, was vergleichsweise hoch ist und alle diejenigen widerlegt, die gebetsmühlenhaft behaupten „Die Mieten sinken“. Tatsächlich spiegelt der Mietspiegel ein zwiespältiges Ergebnis wider; während es bei den einfacher ausgestatteten und bei den Normalwohnungen teilweise kräftige Steigerungen gegeben hat, zeigt sich bei den neueren und gut ausgestatteten Wohnungen ein deutliches Abbröckeln. Diese Entwicklung wird vom Kieler Mieterverein seit längerer Zeit beobachtet und deckt sich mit den bisherigen Erkenntnissen. Die Tatsache, daß der Mietspiegel 1998 trotz sich entspannender Marktlage immer noch Steigerungsraten ausweist, hängt mit der Systematik der Mietspiegel-Erhebung zusammen; Basis für diesen Mietspiegel sind Neuvereinbarungen und Neuabschlüsse der letzten 4 Jahre. Damit wirken sich immer noch die hohen Neuabschlüsse aus der Zeit der letzten Wohnungsnot aus, wenngleich dies sukzessive abnimmt. So, wie der Mietspiegel bei steigenden Mieten (was leider der Regelfall ist) einen Dämpfungseffekt ausübt, tut er dies konsequenterweise auch bei tendenziell sinkenden Mieten.
Der Kieler Mieterverein empfiehlt in diesem Zusammenhang allen Mieterhaushalten, die aufgrund der Neuauflage des Mietspiegels mit einer Mieterhöhung konfrontiert werden, diese zunächst einmal anhand des Mietspiegels zu überprüfen bzw. überprüfen zu lassen. Die Bedenkfrist hierfür beträgt 2 volle Kalendermonate nach Zugang der Mieterhöhung. Daneben empfiehlt es sich, mit dem Vermieter über dessen Forderung zu verhandeln, gegebenenfalls auch die deutlich verbesserte Marktsituation auszunutzen und eventuell zu einem preiswerteren Vermieter überzuwechseln. Trotz der Steigerung, die auch dieser Mietspiegel wieder mit sich bringt, steht für den Kieler Mieterverein unumstößlich fest, daß das Instrument Mietspiegel allen anderen Alternativen turmhoch überlegen ist. Die vom Gesetz geforderte Benennung von mindestens 3 Vergleichswohnungen zur Begründung einer Mieterhöhung bezeichnet der Kieler Mieterverein als Farce; die Erfahrung hätte gezeigt, daß die Vermieter sich grundsätzlich Spitzenmieten aussuchen, die mit dem übrigen Marktgeschehen nichts zu tun haben. Auch die Sachverständigengutachten zur Bewertung eines Mietobjektes seien in keinem einzigen Fall auf eine derart breite Datenbasis gestützt, wie dies der Mietspiegel für sich in Anspruch nehmen kann. Insgesamt habe die Erfahrung aus den Mietspiegel-Städten gezeigt, daß die erhöhte Markttransparenz Mißbrauchsmöglichkeiten einschränke.
Kritik übt der Kieler Mieterverein an den Vermieterverbänden; diese predigten den Konsens, was das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter anbelange. Aber auch im Jahre 1998 hätten sich die Vermieterverbände nicht dazu durchringen können, den Kieler Mietspiegel „anzuerkennen“. Eine derartige Anerkennung – wie sie in vielen anderen Mietspiegel-Städten üblich ist – würde dem Kieler Mietspiegel mehr Gerichtsfestigkeit verleihen und wäre Ausdruck eines partnerschaftlichen Miteinanders zwischen Mietern und Vermietern. „Kiel´s Vermieter müssen sich die Frage stellen, ob sie durch ihre Verbände gut vertreten sind, wenn diese Partnerschaften nur als Einbahnstraße verstehen“, so der Vorsitzende des Kieler Mietervereins Jochen Kiersch.
Der Kieler Mieterverein bedankt sich anläßlich der Vorlage dieses Mietspiegels erneut bei der Landeshauptstadt Kiel, die mit hohem finanziellen Aufwand dieses überaus nützliche Instrument vorgelegt hat und kontinuierlich pflegt. Dies ist ein echter Beitrag zur Verbesserung der Wohnqualität, der überdies den Charme hat, Mietern und Vermietern zu nützen, auch wenn die Vermieterverbände dies nicht wahrhaben wollen. Der Dank des Mietervereins geht auch an Firma GEWOS, die das Instrument zügig, professionell und anwenderfreundlich gestaltet hat.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel