Rabiate Stadtwerke
Kiel, den 02.11.2004
Rabiate Stadtwerke
Gleich in mehreren Fällen muss sich der Kieler Mieterverein für seine Mitglieder mit unzulänglichen Heizkostenabrechnungen der Stadtwerke Kiel AG auseinandersetzen. Dies allein entspricht der natürlichen Aufgabenstellung des Mietervereins und ist nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist aber die rabiate Vorgehensweise der Stadtwerke, wenn sie meinen zur Aufklärung alles getan zu haben. Ebenfalls in mehreren Fällen haben die Stadtwerke nämlich Mitgliedern des Mietervereins angedroht die Stromversorgung einzustellen, wenn ihre vermeintlich berechtigten Forderungen aus der Heizkostenabrechnung nicht befriedigt werden. Und inzwischen liegt der erste Fall vor, bei dem die Stadtwerke ihre Drohung auch wahr gemacht haben.
Hier die Chronologie:
26.03.2004 Heizkostenabrechnung der Stadtwerke
27.04.2004 Mieterverein erhebt Beanstandung
15.05.2004 Stadtwerke wollen der Beanstandung nachgehen
21.10.2004 Stadtwerke teilen mit, dass sie die Stromversorgung eingestellt haben
Sie wollen diese nur wieder aufnehmen, wenn die Heizkosten in voller Höhe nachgezahlt und zusätzlich € 43,20 für das Ab- und Anklemmen der Stromversorgung bezahlt werden. Bei Wiederinbetriebnahme der Stromversorgung nach 13.00 Uhr verlangen die Stadtwerke zusätzliche € 100,00 für den Einsatz des Störungswagens.
Der Kieler Mieterverein geißelt derartige Praktiken der Stadtwerke als schlimmstes Monopolistengehabe. Er beanstandet sie gleich unter mehreren Aspekten:
- Zum einen sind die Heizkostenabrechnungen der Stadtwerke nach Auffassung des Kieler Mietervereins unzulänglich, weil sie keine Angaben über das Rechnungsdatum der Energiebezüge bzw. der Miet- und Wartungskosten enthalten. Nach Auffassung des Mietervereins müssten die Stadtwerke – da sie selber Lieferanten sind – auch die Zählernummern und die Ablesedaten mitteilen. Die Rechnung selber enthält auch keine Angaben über den Einzelpreis je Megawattstunde, noch über Preisänderungen während des Abrechnungszeitraumes.
- Natürlich wäre es den Stadtwerken freigestellt, ihre Forderung gerichtlich geltend zu machen, wenn sie der Meinung sind, dass ihre Heizkostenabrechnungen in sich schlüssig, richtig und im Ergebnis fällig sind. So verfahren jedenfalls die Vermieter, deren Heizkostenabrechnungen bestandet werden und die sich dennoch im Recht fühlen. An diesem Weg hätte der Kieler Mieterverein auch nichts auszusetzen. Die Praxis der Stadtwerke hingegen versetzt den Mieterverein in Rage: Statt gegebenenfalls gerichtliche Hilfe zu bemühen – woran der Mieterverein durchaus interessiert wäre – drohen sie kurzerhand eine Liefersperre an und setzen diese offenbar auch um, ohne dass die aufgeworfenen Fragen vorab geklärt worden wären.
- Als den Gipfel der Verbraucherfeindlichkeit bezeichnet der Mieterverein aber die Tatsache, dass die Stadtwerke ihren Kunden die Einstellung der Stromversorgung androhen – und im vorliegenden Fall auch vollzogen haben – obwohl sich der Streit um die Lieferung von Raumwärme dreht und im Übrigen die aufgeworfenen Fragen noch gar nicht geklärt waren.
Verstärkt aufgetreten sind Probleme mit den Stadtwerken nachdem verschiedene Vermieter den Stadtwerken den Auftrag gegeben hatten mit ihren Mietern direkt abzurechnen. Schon von Anfang an war beim Mieterverein der Eindruck entstanden, dass die Stadtwerke mit der Direktabrechnung überfordert sind. Eklatante EDV-Probleme haben die Stadtwerke in der Vergangenheit auch selber eingeräumt. Die Hoffnung des Mietervereins am Ende werde sich bei den Stadtwerken mehr Kundenfreundlichkeit durchsetzen hat jedoch getrogen.
Vor diesem Hintergrund rät der Kieler Mieterverein allen Wohnungssuchenden bei Anmietung ihrer neuen Wohnung auch die Frage zu klären, ob sie einen Direktlieferungsvertrag für Raumwärme und/oder Warmwasserversorgung mit den Stadtwerken eingehen müssen. In diesem Falle sollten sie das Risiko einer Stromsperre bedenken, wenn sie Einwendungen gegen die Wärmerechnung der Stadtwerke haben. Kiels Vermieter müssen sich nach Auffassung des Mietervereins die Frage stellen, ob der Wärmedirektservice mit den Stadtwerken wirklich ein Marketingvorteil ist. Zwar sind sie um den Verwaltungsaufwand der Heizkostenabrechnung entlastet – dafür liefern sie ihre Mieter einem Vertragspartner aus, der – vorsichtig ausgedrückt – nicht besonders zimperlich ist.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel