Schnee und Eis: Rund um die Streupflicht Kleine Nachlässigkeiten können richtig teuer werden
Kiel, den 02.01.2003
Schnee und Eis: Rund um die Streupflicht
Kleine Nachlässigkeiten können richtig teuer werden
Grundsätzlich gehört die Straßenreinigung, und dazu zählen auch Schnee- und Eisbeseitigung, zu den originären Pflichten der Kommunen. Diese können jedoch durch Ortssatzung die Reinigungspflicht den jeweiligen Grundstückseigentümern auferlegen, was insbesondere für Gehwege ausgiebig praktiziert wird.
Soweit die jeweiligen Grundstückseigentümer ihre Wohnungen vermietet haben, wird diese Pflicht häufig auf die Mieter abgewälzt. Dies ist grundsätzlich zulässig, setzt allerdings eine zweifelsfreie vertragliche Vereinbarung voraus. Die häufig vertretene Ansicht, Erdgeschosswohner seien gewissermaßen „kraft Gesetzes“ zum Schneefegen verpflichtet, ist reiner Aberglaube.
Grundsätzlich gilt allerdings: Der Vermieter kann den Mieter nicht nachträglich einzelvertraglich oder über eine Änderung der Hausordnung zum Schneefegen verpflichten. Ist aber der Mieter kraft mietvertraglicher Vereinbarung räumpflichtig, so muss er dieser Pflicht in dem Umfang genügen, wie die Ortssatzung dies vorschreibt. In der Regel ist danach morgens etwa ab 7.00 Uhr und abends bis etwa 20.00 Uhr Schnee zu fegen und bei Bedarf zu streuen. Dies muss jedoch erst nach Ende des Schneefalls erfolgen, wobei allerdings bei Dauerschneefall auch zwischendurch Reinigungs- und Streuarbeiten zu wiederholen sind. Die Pflicht, Streu- und Räumarbeiten durchzuführen ist zunächst eine persönliche. Der berufstätige Mieter kann sich allerdings durch Dritte vertreten lassen, wird damit aber nicht ohne weiteres von seiner Haftung entbunden. Vielmehr muss er die Arbeiten des Vertreters im Rahmen des zumutbaren überwachen. Problematisch sind die Fälle, in denen der Winterdienst zu Lasten des Mieters wirksam vereinbart ist, der Mieter aber infolge von Alter und Gebrechlichkeit diese Arbeiten nicht mehr erbringen kann. Hier gibt es eine gespaltene Rechtsprechung; einige Gerichte halten den Mieter auch weiterhin für verantwortlich mit der Folge, dass er selber für Vertretung sorgen muss. Andere Gerichte haben entschieden, dass die Pflicht dann wieder auf den Vermieter übergeht.
Grundsätzlich gilt auch: Die Gerichte stellen ziemlich hohe Anforderungen an die Schnee- und Eisbeseitigungspflicht. Im Zweifel sollte lieber etwas sorgfältiger geräumt und gestreut werden, wobei es auch auf die Beschaffenheit des Streumaterials ankommt. Es muss Schnee- und Eisglätte wirksam abstumpfen. Soweit infolge Vernachlässigungen der Räum- und Streupflicht Personenschäden auftreten, kann der Mieter unter Umständen sogar wegen fahrlässiger Körperverletzung zur Verantwortung gezogen werden.
Differenzen gibt es immer wieder um die Frage, wer die Räum- und Streugeräte/-materialen bezahlen muss. Auch hier gibt es widersprüchliche Rechtsprechung. Ein Teil der Rechtsprechung steht auf dem Standpunkt, dass der Mieter nur dann selber für die Beschaffung verantwortlich ist, wenn dies im Mietvertrag ausdrücklich geregelt ist. Andere Gerichte wiederum gehen umstandslos davon aus, dass mit der Übernahme der Schneeräumverpflichtung auch die Kostenzuständigkeit des Mieters einhergeht.
Und wenn der Vermieter ein kommerzielles Unternehmen beauftragt hat? Hier gelten im Prinzip die gleichen Grundsätze; in diesem Falle muss das jeweilige Unternehmen nach Ortssatzung streuen und räumen, Geräte stellen und Material beschaffen und jeweils rechtzeitig zur Stelle sein. Die Wirklichkeit sieht nach Erfahrung der Mieterorganisation jedoch häufig ganz anders aus; viele kommerzielle Unternehmen haben weit mehr Schnee- und Eisbeseitigungsverträge abgeschlossen, als sie nach ihrer Personalkapazität fristgemäß erfüllen können. Dadurch kommt es immer wieder zu mehrstündigen Verzögerungen bei der Schnee- und Eisbeseitigung, die auch erhebliche Beeinträchtigungen für die Mieter mit sich bringen können, sei es auf den Bürgersteigen, sei es auf der Zuwegung zu Mülltonnenabstellplätzen oder Garagen. In diesen Fällen sollten die Mieter derartige Sachverhalte abmahnen und gegebenenfalls darauf hinweisen, dass sie nicht bereit sein werden, die im Rahmen der Betriebskostenabrechnung insoweit anfallenden Kostenpositionen in voller Höhe zu tragen.
Verantwortlich: Jochen Kiersch