Wohnungsdefizit in Kiel wächst – 2014 nur rund 800 neue Wohnungen für 2000 Neubürger

Kiel, den 20.01.2015

Wohnungsdefizit in Kiel wächst

2014 nur rund 800 neue Wohnungen für 2000 Neubürger

Einer Meldung des NDR zufolge stieg im abgelaufenen Jahr die Einwohnerzahl in Kiel um 2000 Neubürger. Am Ende des dritten Quartals sind in Kiel aber nur 478 Baugenehmigungen für den Wohnungsbau erteilt worden. Die Stadtverwaltung ging davon aus, dass diese Zahl bis zum 31.12.2014 auf ca. 800 Wohnungen ansteigen werde. Selbst wenn diese optimistische Annahme zutrifft, so reichen die Baugenehmigungszahlen nicht einmal aus um die Neubürger mit Wohnraum zu versorgen.

Das Statistische Jahrbuch 2013 der Landeshauptstadt lässt wissen, dass die durchschnittliche Haushaltsgröße in Kiel bei 1,72 Personen liegt. Für 2.000 Neubürger werden also rein rechnerisch 1.162 neue Wohnungen benötigt. Zwischen den genehmigten und den benötigten Wohnungen klafft eine Differenz von 362 Wohnungen allein in 2014. Genehmigte Wohnungen sind keine fertiggestellten Wohnungen. Rund 10 % der Baugenehmigungen verschwinden nach Erfahrungen des Kieler Mietervereins in den Schubladen. Zwischen Baugenehmigung und Baufertigstellung vergehen in der Regel weitere zwei Jahre. Neugebaute Wohnungen sind teure Wohnungen. Für Normalverdiener sind sie in der Regel unerschwinglich – für einkommensschwache Haushalte erst recht. Der Kieler Mieterverein wiederholt daher seine Aufforderung an Ratsversammlung und Stadtverwaltung, den Fokus der kommunalen Wohnungspolitik sehr viel stärker auf die Schaffung und Erhaltung preiswerter Wohnungen zu richten.

Der letzte Mietspiegel hat es gezeigt: Vor allem die preiswerten Wohnungen sind teurer geworden – in der Spitze bis zu 12 %. Die Entwicklung wird sich fortsetzen, wenn der Bestand preiswerter Wohnungen nicht nachhaltig aufgestockt wird. In den letzten Jahren war jedoch das genaue Gegenteil der Fall. Ein großer Teil des Kieler Mietwohnungsbestandes ist in die Hand von Finanzinvestoren gefallen, die nur ein Ziel kennen: Maximierung ihrer Rendite. Damit sind weitere Mieterhöhungen vorprogrammiert. Gleichzeitig ist der Sozialwohnungsbestand binnen kürzester Zeit um fast 50 % zurückgegangen. Nichts deutet darauf hin, dass die Zahl der Sozialwohnungen in Kiel binnen absehbarer Zeit wieder nachhaltig steigen könnte. Aus diesem Grunde ist nicht nur eine massive Verstärkung des Neubaus von Sozialwohnungen erforderlich – es muss auch dem überproportionalen Mietenanstieg ein Riegel vorgeschoben werden. Dazu war die Stadt bekanntermaßen bislang nicht bereit. Die Kappungsgrenzenverordnung gilt für Kiel deswegen nicht, weil die Stadt sich nicht dafür ausgesprochen hat. Das bloße Votum der Stadt hätte gereicht, um in die Verordnung aufgenommen zu werden. Der Kieler Mieterverein hält an seiner Forderung fest, dass Ratsversammlung und Stadtverwaltung ihren Standpunkt schnellstmöglich revidieren sollten.

Darüber hinaus hält der Kieler Mieterverein auch an seiner Forderung fest, den Grundstein für eine neue kommunale Wohnungsbaugesellschaft zu legen. Wohnungspolitik erfordert langfristige Perspektiven. Die ehemals in kommunaler Hand befindliche Kieler Wohnungsbaugesellschaft ist auch nicht über Nacht mit 10.000 Wohnungen aus dem Boden gestampft worden. Ein Sockelbestand von ca. 500 Wohnungen, der sukzessive ausgebaut wird, könnte der Stadt neue Spielräume in der Wohnungspolitik eröffnen. Mit einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft können städtische Teilmärkte sehr viel besser beeinflusst werden, als in Kooperationsverträgen mit der unternehmerischen Wohnungswirtschaft. Die will schließlich auch nur Geld verdienen.

Stadtregionalbahn und „Kleiner Kiel Kanal“ sind gewiss interessante Projekte. Beide haben jedoch nichts mit Daseinsvorsorge oder Grundversorgung zu tun. Diesen Bedarf hat die Stadt vorrangig zu decken. Ein wesentlicher Teil davon ist die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum.

Verantwortlich: Heidrun Clausen / Carsten Wendt, Kiel